Die Mottengesellschaft

Darf ich vorstellen? – Das ist die Mottengesellschaft: 

Herr Chapeau von Claque ist ein besonderer Zylinderhut.  Gesprochen wird dieser schwierige Name: 

Schapoo von Klack. Das sind französische Worte. 

Herr Teddy Bär heißt mit Vornamen Teddy und mit Nachnamen Bär. Seine Freunde nennen ihn nur Teddy. 

Signorina Bella ist eine Spieluhrtänzerin. Gesprochen wird das: Sinjorina Bella. Das ist Italienisch und bedeutet  „Schönes Fräulein“. 

Mops ist ein Plüschhund. Sein Kopf ist ziemlich lose. Er weiß nicht mehr woher er kommt. 

Madame Spin hängt meist an einem Faden und spinnt ein Netz. Madame bedeutet Frau und wird „Madam“ gesprochen. Madame ist auch ein französisches Wort. 

Herr Weckmann war Teddys bester Freund, bis er  -  aber das wirst du ja noch erfahren. 

Lass dir erzählen wie sie zu ihrem Namen kamen und von ihrem Abenteuer. 

 Die Mottengesellschaft Teil 1: Der Neue

 

Wir sind auf dem Dachboden der Familie Kinderreich. 

Die Sonne scheint hell durch das Fenster, genau auf den alten Tisch. Frau Kinderreich hat vor einiger Zeit einen Karton auf den Dachboden gebracht. Darin waren ein Teddybär, eine Spieluhrtänzerin, ein Plüschhund und eine Spinne. Sie hat die Spinne nicht bemerkt, sonst hätte sie den Karton fallen lassen und wäre schreiend davongerannt. Aber so hat sie ihn auf dem Tisch abgestellt. Von nun an sollten sie hier oben bleiben. 

Gerade eben hat Frau Kinderreich noch einen Zylinderhut gebracht. Es ist einer, wie ihn Zauberer benutzen, einer, den man flach wie einen Teller zusammenklappen kann. 

Er soll von nun an auch auf dem Dachboden bleiben. 

Wer die richtigen Ohren hat kann die Gesellschaft hören. 

„Was wollen Sie hier?“, fragt Herr Teddy Bär. „Das ist unser Tisch! Kleidungsstücke gehören in den Schrank dort hinten.“ Er schaut den Zylinderhut mit seinem einzigen Auge streng an. Mit dem Stiel seiner Meerschaum-Pfeife zeigt er auf den Schrank in der Ecke. 

„Ich bin Herr Chapeau von Claque“, sagt der fremde Hut. 

„Es ist bestimmt ein Irrtum, dass man mich hier hingebracht hat. Überall in der Welt bin ich schon gewesen, sogar in Paris. So einen grausigen, staubigen Ort wie hier, habe ich noch nie besucht. Pfui! 

Wie kann man es hier nur aushalten?“ 

Auf dem Tisch wird es unruhig. 

 

„Mein lieber Herr Shampoo Klack! Was bilden Sie sich ein?“, ruft Madame Spin entrüstet. „Dies hier ist unser zu Hause. Wenn es Ihnen nicht gefällt, gehen Sie doch nach Paris!“ Madame hängt an einem Faden über dem Tisch. Sie hört auf an ihrem Spinnennetz zu weben. 

„Nicht Shampoo Klack“, sagt der Neue entrüstet. Er springt mit einem lauten Klack auf. „Ich bin Herr Chapeau von Claque.“ Sofort ist er kein Teller mehr, sondern ein richtiger Zylinderhut. 

„Das ist Französisch“, sagt er. „Chapeau heißt Hut und Claque heißt Klapps. Ich bin aus Frankreich. Sicher bin ich aus Versehen hier.“ 

„Ach, was Sie nicht sagen“, Madame Spin räuspert sich. 

„Alle hier waren früher einmal woanders. Signorina Bella, 

diese wunderschöne Spieluhrtänzerin kommt aus Italien. 

Ich bin Madam Spin. Ich komme aus Belgien. Herr Teddy Bär kommt aus dem Schwabenland und Mops hat leider vergessen, woher er kommt. Sein Kopf ist etwas beschädigt.“ 

Herr Teddy Bär meldet sich auch. „Einen Klapps haben Sie wirklich. Sie sind ziemlich eingebildet“, brummt er. 

Er nimmt seine Pfeife aus dem Mund. „Kleidungsstücke nebenan“, sagt er wieder. Er zeigt mit dem Pfeifenstiel 

auf den alten Kleiderschrank. 

„Ja, ja“, piepst Signorina Bella. „Hier sind wir. Wir kamen alle im gleichen Karton hier an. Wir sind eine Familie.“ 

Madame Spin lässt sich an ihrem Faden herunter. 

Nun sitzt sie auf Herrn Chapeau von Claque. Sie beschaut ihn von oben bis unten und läuft in seiner Hutkrempe rund. Dann sagt sie: „Aha, ich glaube nicht, dass Sie aus Versehen hier sind. Sie haben ein Loch. Also sind Sie kaputt, wie wir alle hier. Willkommen im Club.“ 

 

Damit sieht Madame Spin ihr Maß an Höflichkeiten aufgebraucht. Sie zieht sich hinauf in ihr Netz 

und spinnt weiter. 

„Ihr Platz ist im Schrank“, sagt Teddy. Er dreht dem Neuen den Rücken zu. Nun sieht man seine aufgeplatzte Naht, wo die Holzwolle herauskommt. 

Signorina Bella sieht den Fremden von oben bis unten an. 

Dann sagt sie: „Sie sind ganz schön hochnäsig!“ 

Bella dreht sich nicht herum. Ihr Hinterkopf ist ganz kahl. Irgendwann hat sie ihre Haare verloren. Der Fremde soll es nicht sehen. Ihr rechter Arm hängt wackelig und kraftlos herunter. Das kann sie gut verbergen. 

 

Nur ihre Freunde dürfen davon wissen. Ein wenig dreht sie sich zur Seite. Sie schaut an Herrn von Claque vorbei, als wäre er gar nicht da. 

Herr Chapeau von Claque sieht sich um. Er weiß nicht, was er hier tun soll. „Sie können mich nicht leiden und ich sie auch nicht“, denkt er. 

Er schimpft: „Unfreundliche Mottengesellschaft!“ Beleidigt zieht er sich zusammen, bis er so flach ist, wie ein Teller. „Damit ihr es wisst“, schreit er wütend. „Der Klapps bedeutet, dass ich mich flach machen kann und wieder ausdehnen. Es heißt nicht, dass ich einen Klapps habe!“ 

Dann wird er still. Er liegt auf der Ecke des Tisches und weint ganz leise. Niemand soll es merken. Nein, das will er nicht glauben! Es soll kein Versehen sein, dass er hier ist? Er kann immer noch alle Zaubertricks. Er kann sich zusammenziehen und wieder ausdehnen. Er kann in seinem Geheimfach Dinge verschwinden lassen. 

Er kann noch zaubern, ganz bestimmt! Manchmal, nur ganz wenig, klemmt sein Mechanismus wegen des Alters. 

Es kann doch nicht sein, dass man ihn deshalb wegsperrt. 

Soll er nun für immer an diesem schrecklichen Ort bleiben? Soll er mit dieser schrecklichen Gesellschaft zusammen sein? Er weint und weint, bis er nicht mehr weinen kann. 

Nach einer Weile dehnt er sich wieder aus. Er schaut sich um und sieht Mops. „Sie sind Herr Mops, nicht wahr?“, 

fragt er. „Wie lange sind Sie schon hier?“ Mops rührt sich nicht. Sein Kopf ist tief auf seine Brust gesunken. Seine Hundeschnauze berührt fast den Tisch. Unbeweglich starrt er vor sich hin. Ob er die Frage nicht gehört hat? Es dauert lange. Herr Chapeau von Claque will sich schon abwenden. Plötzlich sagt Mops: „Ich weiß nicht. 

Mein Kopf ist fast ab, hängt nur noch an ein paar Fäden. 

Das Denken fällt mir schwer.“ 

„Wissen Sie denn was wir hier machen?“, fragt Herr Chapeau von Claque. Aber Mops antwortet nicht. 

Madam Spin hat ihre Arbeit beendet. Sie schwingt sich nun an einem Faden vor Mops Nase hin und her. „Auf den Sperrmüll wartet ihr“, sagt sie. „Alles was hier hinkommt, 

wartet auf den Sperrmüll. Früher oder später wird jeder abgeholt, hahaha.“ Ihr Lachen klingt furchtbar gruselig. 

Teddy Bär steht das Fell zu Berge. 

„Madame Spin, lassen Sie das“, 

sagt er streng. „Sie sollen uns keine Angst machen.“ 

 

Die Madam zieht sich an ihrem Faden in die Höhe. 

„Ph! Dann eben nicht!“ Sie klettert beleidigt in ihr Spinnennetz. Der Abend kommt, die Nacht bricht an. 

Es wird still auf dem Dachboden. 

 

Die Sonne geht auf. Die ersten Sonnenstrahlen fallen auf den Tisch. Signorina Bella trällert ein fröhliches Liedchen. 

„Guten Morgen“, sagt Herr Chapeau von Claque. Signorina Bella dreht sich zur Seite, ohne ihm zu antworten. Madame Spin schläft noch in ihrem Netz. Teddy Bär beachtet ihn auch nicht. Mops lässt wie immer den Kopf hängen. 

„Unhöfliche Mottengesellschaft“, murmelt Herr Chapeau von Claque. Er zieht sich wieder zusammen. 

„Das habe ich gehört“, brummt Mops. 

Herr Chapeau von Claque denkt: „Sie wollen mich wirklich nicht in ihrer Gesellschaft haben. Vielleicht sollte ich doch besser in den Kleiderschrank ziehen?“ Doch dann beschließt er wütend: „Nein! Nein! Ich lasse mich nicht so behandeln! Ich lasse mich auch nicht vertreiben! Ich hasse euch! Das wird euch noch leidtun!“, knurrt er. 

Und nun macht er etwas, was er gut kann. Er lässt Signorina Bellas Perlenkette in seinem Geheimfach verschwinden. Eben noch lag sie vor ihm. Plötzlich ist sie weg, wie aufgelöst. Das kann er noch. Ha, gelernt ist eben gelernt! 

Signorina Bella bemerkt es am Nachmittag. Es gibt ein lautes Hin und Her. Wer ist verantwortlich für den Verlust? „Haben Sie meine Kette gesehen?“, fragt die Signorina Herrn von Claque. 

„Ich? Nein, wieso?“, stottert er. 

„Na, weil hier etwas verschwunden ist. Es ist noch niemals etwas verschwunden. Und jetzt sind Sie hier und schon ist meine Kette weg!“ Vor Aufregung versagt ihre Stimme. Sie sieht ihn bitterböse an. 

„Außerdem hat er uns Mottengesellschaft genannt. 

Ich habe es genau gehört“, knurrt Mops mit gesenktem Kopf. 

 

Herr Teddy Bär meldet sich. „Wir müssen der Tatsache ins Auge sehen. Wir sind eine Mottengesellschaft. Seht euch Signorina Bellas Kleid an. Löcher! Schaut mein Fell an. 

Angeknabbert! Von Mops möchte ich gar nicht reden. Die letzte Motteninvasion hat uns arg zerfressen. Sie, Herr Chapeau von Claque, haben aber auch ein Loch. Madame Spin hat es gefunden. Dann gehören Sie wohl auch zur Mottengesellschaft, nicht wahr?“ 

Madame Spin gähnt verschlafen. „Was ist denn hier los? 

Kann man noch nicht einmal ausschlafen? Ich habe die ganze Nacht hart gearbeitet. Unverschämtheit! 

 

„Madame Spin, werden Sie nicht ungerecht“, empört sich Teddy Bär. 

„Wir haben auch unseren Dienst getan. Dass man uns nun nicht mehr braucht, ist nicht unsere Schuld!“ 

„Ich werde noch gebraucht! Ich klappe noch!“, ruft Herr Chapeau von Claque. 

Bella ruft: „Und ich tanze noch! Wenn nur einmal einer die Spieluhr aufdrehen würde.“ 

Peinliches Schweigen folgt dem Streit. Alle haben ein schlechtes Gewissen. Sie tun so, als ob sie noch gebraucht würden. 

„Seid doch ehrlich“, meint Teddy. „Wir wissen doch alle, 

dass wir auf den Sperrmüll kommen. Auch Sie Herr von Claque.“ 

 

 

An diesem Nachmittag ist es sehr still auf dem Dachboden. Alle denken an die schönen Zeiten, als sie noch unten bei Familie Kinderreich wohnten. 

Madame Spin wickelt eine Mücke ein. Herr Chapeau von Claque hat sich zusammengezogen. Traurig denkt er: „Ach, wäre ich doch bei meinem Freund, dem Zauberer.“ 

Mops rührt sich nicht. Er weiß das Wort nicht mehr 

für das Gefühl in seinem Herzen. Er wünscht sich so sehr 

bei seinem Freund Oskar zu sein. 

Der volle Mond scheint an diesem Abend silbrig kalt durch das Dachfenster. Millionen Sterne glitzern frostig am Himmel. 

 

In der Nacht wird Mops wach. Irgendetwas hat ihn geweckt. Er fühlt es ganz genau. Er weiß nicht, was es gewesen ist. Da! Raschelt dort nicht etwas? Er ist noch verschlafen, aber seine Ohren täuschen ihn nicht. Es raschelt. Sein Gefühl sagt ihm, dass es Gefahr bedeutet, große Gefahr. Mops wird nervös. Er bellt: „Wau, wau, Gefahr! Achtung Gefahr!“ 

Mit einem lauten Klapp springt Herr von Claque in die Höhe. 

Madame Spin fällt fast vom Faden. Signorina Bella beginnt zu Husten. Das tut sie immer, wenn sie erschrickt. 

Teddy brummt: „Ach Mops, was ist? Hast du schlecht geträumt?“ 

 

Mops stottert: „Es hat, - ach, wie heißt es denn noch? Es hat, es hat -“, Mops ist aufgeregt. Jetzt kommt er doch nicht auf dieses dumme Wort. Es ist doch so wichtig! „Gefahr“, ruft Mops, „es hat mit Gefahr zu tun. Es hat - “, stottert er wieder. Aber das Wort will ihm nicht einfallen. 

„Gut, gut“, meint Teddy Bär. „Wir wissen Bescheid und ich werde aufpassen. Schlaft ihr nur weiter.“ Und so wird es wieder still. Der Morgen graut schon. Plötzlich schreit Mops: „Es hat geraschelt. Jetzt weiß ich das Wort wieder.“ Diesmal fällt Madame Spin vom Faden. 

 

Teddy lässt vor Schreck seine Meerschaum-Pfeife fallen. 

Signorina Bella hustet bedrohlich. Herr von Claque springt auf. Er fragt: „Was hat das zu bedeuten? Warum sind alle so aufgeregt? Es raschelt doch schon mal. In meinem Hutkasten raschelt das Seidenpapier auch immer!“ 

„Halt die Klappe!“, schreien ihn alle gleichzeitig an. 

„O, nein, nicht schon wieder“, stöhnt Herr Bär entsetzt. 

Mops knurrt ängstlich. Herr von Claque meckert: „Es wäre sehr hilfreich für mich, wenn mir jemand was erklären könnte. Auch wenn ich nicht zu euch gehören soll, vielleicht ist einer so freundlich. Warum sind alle so aufgeregt?“ 

 

Teddy Bär brummt: „Gut, wir wollen es Ihnen erzählen. 

Als wir hier oben angekommen sind, raschelte es auch immer in der Nacht. Es ist noch jemand bei uns gewesen. 

Martin Weckmann. Er war mein bester Freund. In der Nacht hat eine Maus seinen Fuß angeknabbert. Erst den einen, dann den anderen, dann den Arm und dann den anderen und dann -.“ 

„Ach! Hören Sie doch auf! Ich verstehe schon“, zischt Herr von Claque entsetzt. 

„Und jetzt ist sie wieder hier, diese Maus. Sie hat meinen Freund aufgefressen. Überhaupt zerfrisst sie mit der Zeit alles. Wenn wir sie nicht verjagen, sind wir verloren!“ 

 

Herr Bär dreht seine Pfeife traurig hin und her. Dann murmelt er nachdenklich: „Das hier ist eine Erinnerung. Die Pfeife gehörte einmal ihm, meinem besten Freund Martin.“ Als er das sagt, läuft eine Träne aus seinem einzigen Auge. Plötzlich ruft Signorina Bella: „Sie können doch zaubern, Herr Chapeau von Claque! Sie haben doch so lange für den großen Magier gearbeitet. Sie können die Maus doch fortzaubern.“ 

Herr von Claque bekommt eine Gänsehaut. Er soll eine lebendige Maus in seinem Innenteil verschwinden lassen? 

Die Perlenkette war ein wenig kalt. Eine Maus aber wäre furchtbar. Sie würde ihn bestimmt anknabbern. 

 

Er gruselt sich. „Nein, das kann ich nicht“, sagt er und zieht sich zusammen. 

„Er ist eben nur ein Angeber“, zischt Madame Spin. 

Der Tag vergeht. Alle schweigen. Sie denken nach. 

Signorina Bella hustet unentwegt. Mops knurrt ängstlich. 

Teddy dreht die Pfeife immerfort herum. Madam Spin hat das Mauseloch entdeckt. Sie spinnt ein dickes Netz davor. 

Sie weiß wohl, dass es nicht helfen wird. Aber etwas muss man doch tun. 

In der Nacht raschelt es wieder. „Gefahr!“ schreit Mops. Er könnte auch flüstern. Jeder hört es. Alle sind sie wach und lauschen. Trippel, trippel. Die Maus läuft über den Dachboden, das Tischbein hinauf und auf dem Tisch umher. Alle halten den Atem an. Sie läuft zu Bella, schnuppert an ihrem lahmen Arm. Trippel, trappel läuft sie zu Herrn Bär, zupft an der Holzwolle am Rücken. Sie lässt los und läuft zu Mops. Mops kneift seine Augen zu. 

„Bitte nicht“, murmelt er. Doch dann verschwindet sie. 

Trippel, trappel läuft sie das Tischbein hinunter, über den Boden, niemand weiß wohin. 

Alle sind mucksmäuschenstill. 

Welch ein Glück! Die Maus kommt nicht zurück. 

Es wird hell. Alle sehen sich an. 

„Jemand verletzt?“, fragt Herr Bär besorgt. 

„Nix Neues“, meint Signorina Bella. 

„Bei mir auch nicht“, brummt Mops. 

Herr Chapeau von Claque stottert: „Bin ganz, ganz!“ 

Madame Spin lässt sich am Faden auf den Tisch hinunter. 

Sie sagt: „Die Maus war im Kleiderschrank. Sie hat den alten Filzhut angeknabbert.“ 

Als Herr Chapeau von Claque das hört, fällt er fast in Ohnmacht. Eigentlich hätte er ja im Kleiderschrank sein sollen. Nun fühlt er sich auch in Gefahr. 

„Ihr müsst etwas unternehmen“, meint Madame Spin. 

Sie zieht sich an ihrem Faden hoch. 

„Das ist leichter gesagt als getan. Wir können nicht zur Decke verschwinden“, meint Teddy mürrisch. 

 

Schweigend sitzen sie da. Sie denken darüber nach, dass sie es bis zum Sperrmüll nun nicht mehr schaffen werden. 

Früher als geplant, würde ihr Leben beendet sein. Nicht durch Verschleiß und Gebrauch, auch nicht durch Entsorgung auf dem Müll, nein! 

Sie würden von einer einfachen, blöden Maus aufgefressen werden. 

„Ich glaube, ich habe da eine Idee“, meint Herr von Claque. „Ich weiß nicht, ob es funktioniert, aber wir könnten es versuchen.“ 

„Waaaaas?“, schreien alle gleichzeitig. 

„Vielleicht ist es ja völliger Blödsinn“, stottert Herr von Claque. 

„Nun sagen Sie schon“, meint Teddy Bär. „Wir sind offen für jede Idee.“ 

 

„Also“, meint Herr von Claque. Dann flüstert er allen zu, 

was er sich ausgedacht hat. Die Maus sollte es auf keinen Fall hören. 

„Mmm, das könnte funktionieren“, meint Herr Bär nachdenklich. 

Den Nachmittag füllen Vorbereitungen. Herr Bär schiebt Mops in den Karton. Er soll besonders geschützt sein. 

Signorina Bella stellt sich neben Herrn von Claque. Der legt sich mitten auf den Tisch. Herr Bär setzt sich auf die andere Seite. Madam Spin hängt sich über sie. So kann sie alles überschauen. 

Am Nachmittag sagt Madam Spin: „Bereitet euch vor. Ich glaube heute kommt sie früher!“ 

Herr von Claque will sich zusammenziehen. Er strengt sich an. Es gelingt ihm nicht. „Oh weh, oh weh, ausgerechnet jetzt! Ich bin verklemmt!“, ruft er. 

Er drückt und presst verzweifelt. Er bemüht sich immer mehr. Aber es wird nur schlimmer. „Oh je, manchmal klemmt der Mechanismus ein wenig. Aber bitte, bitte nicht jetzt“, jammert er. 

„Herr Chapeau“, piepst Signorina Bella vor Aufregung. 

„Tun Sie uns das nicht an! Denken Sie an unseren Plan.“ 

„Das kenne ich!“, klingt Mops Stimme dumpf aus dem Karton. „Entspannen Sie sich Herr von Claque. Das geht mir auch oft so. Je mehr ich mich anstrenge, umso schlechter klappt es! Denken Sie an die schöne Zeit 

mit dem Magier.“ 

„Ja, ja“, flüstert Signorina Bella, „und wie das Publikum klatscht bei den Zaubertricks. Denken Sie daran, wie die Scheinwerfer Sie anleuchten.“ 

Einen kleinen Moment später zieht Herr von Claque sich zusammen. Flach, wie ein Brett ist er. Sie werden still. 

Madame Spin hängt über ihnen allen. 

Trippel, trippel. Da kommt sie schon. Alle halten die Luft an. Gespannt lauschen sie. Regungslos warten sie ab. 

Trippel trippel läuft sie über den Boden, trippel, trippel, das Tischbein hinauf. 

 

Trippel, trippel auf den Tisch, sie dreht dort eine Runde. 

Dann beginnt sie an Herrn Bärs Fuß zu knabbern. 

Teddy kneift sein Auge zu. Er hält still, ganz still. Plötzlich hört sie auf. Sie läuft auf Herrn von Claque zu, steigt auf die Mitte des Zylinders. Sie bleibt dort sitzen und putzt sich. Gerade in diesem Moment macht Herr Chapeau „klack“. Mit einem Ruck dehnt er sich aus. Der Zylinder schnellt in die Höhe. Die Maus fliegt hoch durch die Luft und landet in einer Glas-Vase auf dem Regal. Da sitzt sie nun drinnen und schaut aus dem Gefängnis heraus. Sie weiß nicht, wie das geschehen ist. 

„Es hat geklappt!“, schreit Herr von Claque als erster. Alle sehen ihn an. Sie können es noch gar nicht glauben. Dann schreien alle anderen auch: „Hurra! Herr von Claque. Sie sind unser Retter!“ 

Oh weh, da geschieht etwas Furchtbares. Herr von Claque freut sich zu früh. Er sieht es. Alle anderen sehen es auch. Signorina Bellas Perlenkette ist aus dem Versteck herausgefallen. 

„Sie haben sie gestohlen“, ruft Signorina Bella entsetzt. 

„Das war - das war, doch nur, weil ich nicht hier hingehören sollte. Es tut mir leid, ich hätte sie bestimmt, 

ganz bestimmt zurückgegeben!“ 

Herr von Claque zieht sich zusammen. Die große Freude über den Sieg verblasst im Angesicht des Diebstahls. 

 

 

Sie drehen sich alle herum und kriechen zu Mops in den Karton. Auch Madame Spin klettert hinein. Herr von Claque liegt allein mitten auf dem Tisch: „Ich habe sie zwar gerettet, aber sie werden mich trotzdem in den Schrank schicken“, denkt Herr von Claque. 

Im Karton wird gemurmelt und geredet. 

Herr von Claque versteht nichts davon. 

Herr Bär kommt als erster wieder heraus. Nach und nach folgen ihm die anderen. 

„Wir haben beschlossen“, sagt Herr Bär, „Ihnen zu verzeihen. Ohne Ihre Hilfe hätte die Maus uns zerstört.“ Er dreht seine Pfeife hin und her. 

„Außerdem denken wir, dass wir auch nicht sehr freundlich zu Ihnen waren. Ab jetzt wollen wir es besser machen. Sie können Teddy zu mir sagen. Vielleicht können wir sogar Freunde werden. Ich vermisse so sehr einen Freund.“ 

Herr von Claque öffnet sich leise. Er sagt erleichtert: „Danke! Meine Freunde haben mich immer Klack genannt.“ 

 

Die Maus bleibt nicht lange im Gefängnis. Frau Kinderreich kommt am nächsten Tag. Sie will eine Vase holen. Sie sieht die Maus, schreit: „Iiii!“ 

Doch sie nimmt sie mit. Signorina Bella hüstelt ein wenig: „Sicher wird sie sie weit, weit wegtragen.“ 

 

Der Sperrmüll kommt an einem Freitag, den dreizehnten. 

Frau Kinderreich stellt den Karton mit der Mottengesellschaft auf den Bürgersteig. Madame Spin bleibt bei ihnen. „Die Dreizehn ist eine Glückszahl“, 

sagt sie tröstend. Dann verkriecht sie sich in eine Ecke. 

Schon bald kommt ein Auto gefahren. Es hält neben der Mottengesellschaft an. Eine junge Frau steigt aus. 

Sie geht auf den Karton zu. „Das sind ja richtige Schätzchen! Viel zu schade für den Müll“, ruft sie dem jungen Mann zu. Der sitzt grinsend im Auto. 

„Ein Steiff Teddy, eine Spieluhr und ein echter Chapeau Claque. Ach, sieh nur, der süße Hund“, ruft die Frau. Sie trägt den Karton zum Kofferraum. Dann steigt sie ins Auto 

und sie fahren davon. 

 

 





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